Zu Beginn
der warmen Jahreszeit, wenn es uns hinauszieht, kommen leider auch verschiedene
Plagegeister wie Mücken, Spinnen, Raupen wieder zum Vorschein. An der Costa
Blanca sieht man im Februar als erstes die weißen watteartigen Nester der
Prozessionsraupen in den Pinienästen hängen.
Es
handelt sich um die Raupen eines unscheinbaren grauen Falters, dem so genannten
Thaumetopoea pityocampa, dem . Zur Familie der
Prozessionsspinner gehören ca. 100 verschiedene Arten, wie z.B. der
Eichenprozessionsspinner, der Kiefernprozessionsspinner und der in warmen
Mittelmeerländern vorkommende Pinienprozessionsspinner, der als hartnäckiger
Pinien- und Kiefernschädling gilt. Der Falter fliegt in der Zeit von Mitte Juni
bis Ende August und die Weibchen legen ihre Eigelege an den Pinien- bzw.
Kiefernnadeln ab. Dabei werden vor alle junge Bäume bevorzugt. Im Januar
schlüpfen die Larven, die in großen Kolonien in den Baumnestern leben und sechs
Entwicklungsstadien durchlaufen. Ihren Namen verdanken die Prozessionsraupen
ihrer Angewohnheit, in den Abendstunden ihre Nester zur Nahrungssuche gemeinsam
zu verlassen und dann auch wieder dorthin zurückzukehren.
Dabei halten sie eine strenge
Marschordnung ein, wobei eine Raupe immer hinter der anderen kriecht und sich
nur durch ihren Tastsinn zur Vorgängerin zurechtfindet.
Dem
französischen Naturforscher Jean Faber gelang es, eine Gruppe von Raupen an den
Rand eines Blumentopfes zu locken und mit ihnen eine endlose Kette, einen
vollständigen Kreis zu bilden. Dieser setzte sich in einer Prozession in
Bewegung, ohne Anfang und ohne Ende. Jean Faber erwartete, dass die Raupen nach
einiger Zeit seinen kleinen Scherz begriffen hätten, dass sie ihres unnützen
Marsches überdrüssig geworden wären und eine neue Richtung einschlagen würden.
Das war aber nicht der Fall. Nur die Macht der Gewohnheit ließ den lebenden
Raupenkreis auf dem Rand des Blumentopfes laufen. Immer rundherum. Sieben Tage
und sieben Nächte. Sie wären wahrscheinlich weitergelaufen, wenn nicht der
Hungertod eingetreten wäre. Ironischerweise war ausreichend Nahrung gut sichtbar
innerhalb des Kreises vorhanden. Dennoch folgten sie blindlings den vorgezeigten
Weg der Gewohnheit, Sitte, Tradition.....
Nach dem
letzten Larvenstadium wandern die Raupen dann endgültig zur Verpuppung zum Boden
ab, wo dann Ende des Frühlings die Kokons im Boden gebildet werden. Für Tiere
und auch Menschen ist gerade diese Zeit zwischen Februar und April, in der die
Raupen wandern, die gefährliche Zeit. Die Gefahr geht von den Brennhaaren, den
sog. Setae aus, die sich ab dem 3. Larvenstadium an den Raupen entwickeln. Sie
enthalten das Eiweisgift „Thaumatopoein“, das aus biogenen Arminen, Enzymen und
phenolischen Substanzen besteht. Die Brennhaare sitzen auf den
Abdominalsegmenten der Raupen und können sogar
aktiv
ausgeschleudert werden. Man schätzt, dass eine einzige Raupe bis zu 600.000
dieser Brennhaare besitzt.
Diese
Brennhaare können unangenehme und teilweise gefährliche Reaktionen bei Mensch
und Tier hervorrufen. Eine kurze Berührung mit den Raupen oder auch den Nestern,
die voll sind mit Brennhaaren, die übrigens auch durch Wind verbreitet werden
können, reicht aus, um stärksten Juckreiz auszulösen, dem meist ein
Hautausschlag folgt. Da die Schleimhäute von Mund und Nase besonders empfindlich
sind, sind Tiere extrem gefährdet wenn sie am Boden schnüffelnd, spazieren
gehen. Sollte man gerade in dieser Zeit
seinen
Vierbeiner beobachten, der seine Nase und Schnauze ständig am Boden reibt, die
Zunge oder der Kopf stark anschwellen, sind das erste Anzeichen für einen
wahrscheinlichen Kontakt mit den Prozessionsraupen. Daraus können sich noch
schwerwiegendere Krankheitsbilder, wie Schwindel, Fieber, Augenentzündungen,
Asthmaanfälle, Erstickungsgefahr und Schock entwickeln.
Als erste
Hilfemaßnahmen kann man versuchen, die betroffenen Körperteile mit lauwarmen
Wasser abzuspülen, dabei sollte man sich selbst vor einer Berührung mit den
Brennhaaren schützen. In jedem Fall sollte ein Tierarzt aufgesucht werden, der
je nach Schweregrad entscheidet, ob eine externe Behandlung mit Salben,
Augentropfen und dem Einsatz von oralen Antihistaminika ausreicht oder eine
systemische Steroidgabe und weitergehende Behandlungen erforderlich sind.
Vorbeugend kann man natürlich Gebiete mit viel Pinienbestand in dieser Zeit zum
Spazierengehen mit dem Vierbeiner meiden. Sollten im eigenen Garten Pinien
befallen sein, können die Eigelege mit Insektiziden bekämpft werden. Nach dem
Schlüpfen der Larven sollen die Nester so früh wie möglich mit Pestiziden, die
die weitere Entwicklung verhindern, besprüht werden. Während der Puppenruhe
werden die Nester mit einem Sprühkleber von außen her „versiegelt“, um die
Verbreitung der Gifthaare zu verhindern. Anschließend können
sie
entfernt und verbrannt werden. Schutzbekleidung ist hierbei unbedingt
erforderlich. Ein praktisch unlösbares Problem ist die lange Haltbarkeit der
Brennhaare in der Natur, denn sie können mehrere Jahre intakt und irritativ
bleiben. Daraus erklärt sich, dass Mensch und Tier, die in betroffenen Gebieten
leben, auch außerhalb der „Raupenzeit“ erkranken können.